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INTERPRETATION VON RISSEN IN MAUERWERKSWÄNDEN

Risse entstehen durch auftretende Zugkräfte im Mauerwerk. Zugkräfte resultieren unter anderem aus Schwinden oder Temperaturbeanspruchung, konzentrierter Lasteinleitung und ungleicher Baugrundsetzung. Unbewehrtes Mauerwerk kann als spröder Baustoff Zugkräfte kaum übertragen.


In unserem Berufsalltag nimmt der Anteil der Planung an Bestandsgebäuden kontinuierlich zu. Immer häufiger wird der Erhalt und der Umbau bestehender Gebäude erwogen. Bei der genauen Betrachtung von alten Gebäuden sind regelmäßig Risse in den Wänden zu finden. Diese gilt es zu bewerten. Je breiter ein Riss, je geringer der Abstand bei der Betrachtung und je besser die Lichtverhältnisse, desto deutlicher wird er wahrgenommen. Wir stellen uns deshalb die Frage: Wie lassen sich den Rissverläufen mögliche Schadensursachen zuordnen? Dabei konzentrieren wir uns in diesem Artikel auf Oberflächenrisse, durchgehende vertikal und diagonal verlaufende Risse.

Oberflächenrisse

Risse, die sich nur im Putz flächig zeigen, zum Beispiel durch ein netzartiges Erscheinungsbild, sind vor allem ein optisches Problem. Ihre Ursachen können an unsachgemäßem Einbau, durch zu schnelles Abbinden des Materials und an Witterungs- oder Temperatureinflüssen liegen. Die Sanierung der Wandoberfläche kann durch einen Maler oder Stuckateur erfolgen.

Oberflächenrisse, Foto: Rehle Ingenieure

vertikal verlaufender Riss aus Ablösung einer Wand vom Gebäude, Foto: Rehle Ingenieure

Durchgehende vertikal verlaufende Risse

Vertikal verlaufende Risse können auf ein Schwinden des Mauerwerks hinweisen. Wegen einer Verkürzung des Mauerwerks beim Schwinden bildet sich schnell ein erster Riss im Mauerwerk. Ab sofort wird keine Zugkraft mehr übertragen. Fortgesetztes Schwinden oder Temperatureinwirkung führen deshalb zur Vergrößerung eines bereits ausgebildeten Risses. Neben Schwinden können vertikal verlaufende Risse aus der Überlastung des Mauerwerks durch konzentrierte vertikale Lasten entstehen. Dies kann von einem Unterzug oder versetzt angeordneten Fenstern herrühren. Eine weitere Ursache für vertikale Risse kann eine Trennung senkrecht zueinander angeordneter Wandscheiben sein. 

diagonal verlaufende Risse aus Baugrundsetzung rechts, Foto: Rehle Ingenieure

Durchgehende diagonal verlaufende Risse

Diagonal verlaufende Risse deuten auf Setzungsunterschiede im Baugrund hin. Sie können durch das Austrocknen oder Ausspülen des Baugrunds unterhalb der Fundamente entstehen. Auslöser sind häufig Bepflanzungen oder defekte Grundleitungen. Wechselt die Beschaffenheit des Baugrunds über den Gründungsverlauf oder liegt eine unzureichende Baugrundtragfähigkeit vor, kann dies auch diagonale Risse hervorrufen. Nachträgliches Anbauen von Gebäudeteilen kann zu Setzungsdifferenzen des bestehenden Gebäudes und damit zu Rissen führen.

diagonal verlaufende Risse aus Baugrundsetzung links, Foto: Rehle Ingenieure


Bei allen durchgehenden Rissen ist zu klären, ob die voneinander abgetrennten Wandabschnitte weiterhin standsicher sind. Doch nicht jeder Riss gefährdet die Standsicherheit eines Gebäudes. Vor einer Sanierung ist die Ursache des Risses festzustellen. Die Sanierung sollte nach Beseitigung der Rissursache erfolgen. Ist die Standsicherheit oder die Dauerhaftigkeit des Bauwerks beeinträchtigt, ist ein Riss mit geeigneten Methoden kraftschlüssig zu füllen und abgelöste Bauteile sind wieder fachgerecht zu verbinden. Der Riss sollte zum Zeitpunkt seiner maximalen Öffnung gefüllt werden.

horizontal verlaufender Riss, Gebäudedehnfuge wurde überputzt, Foto: Rehle Ingenieure










17.02.2025

Quellen

  1. Meichsner H., Rohr-Suchalla K.: Risse in Beton und Mauerwerk, Fraunhofer IRB Verlag, 2011.
  2. Maier J.: Handbuch Historisches Mauerwerk, Springer Vieweg, 2012
  3. Rehle N.: Risse im Mauerwerk, Büroinformation 20, Rehle Ingenieure GmbH, 2019.

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